Vorstellung: “Inklusion – Eine Kritik” von Bernd Ahrbeck

Ahrbeck: Inklusion eine KritikIn verschiedenen Beiträgen und Seminaren habe ich im Kontext von Legasthenie/LRS auch das Thema Inklusion wiederholt aufgegriffen. Besonders bemerkens-(oder bedenkens-?)wert war ein Seminar im gerade vergangenen Sommersemester, in dem ich mit Lehramtsstudenten erarbeiten durfte, wie inklusiver Fremdsprachenunterricht ermöglicht werden könnte. Dabei haben wir auch immer wieder das Inklusionskonzept und vor allem die Spannweite des Begriffs von der “totalen Inklusion” bis zu einer “Erhaltung der bereits jahrelang praktizierten ‘Integration’” diskutiert. Eine eindeutige Antwort fällt im Allgemeinen schwer, vor allem, wenn man (wie meine Studentinnen, Studenten und ich) noch selbst kaum inklusiven Unterricht erlebt bzw. über einen längeren Zeitraum selbst gehalten hat. Von unterrichtspraktischen Erwägungen einmal abgesehen, sind noch kaum die strukturellen und (schul-)politischen Rahmenbedingungen geschaffen, um inklusiven Unterricht erfolgreich und umfänglich an Regelschulen leisten zu können.

Bernd Ahrbeck, Professor an der Humboldt-Universität in Berlin, hat nun mit seinem Buch “Inklusion – Eine Kritik” eine Schrift vorgelegt, an der sich Verfechter “totaler Inklusion um jeden Preis” reiben werden: Er zeichnet ein nüchterneres Bild vom gesellschaftlichen Ziel, das viele mit Inklusion verfolgen.

“Den Schülerinnen und Schülern dürfte am meisten geholfen sein, wenn der Weg zu einer gemeinsamen Beschulung in einer moderaten Form erfolgt – abseits der Vorstellung, schulische Reformen könnten die Gesellschaft in ihrem Kern verändern.” (S. 141)

Vor allem ist Ahrbeck wohl eher pragmatisch und realistisch: Er räumt selbstverständlich behinderten Menschen das Recht auf Bildung und Gleichbehandlung sowie größtmögliche Förderung ein, vertritt dann aber auch die Position, dass bestimmte Schülerinnen und Schüler mit bestimmten Behinderungen in einer spezialisierten, sonderpädagogischen Einrichtung (Förderschule) besser aufgehoben seien als an einer Regelschule – und kontert damit gegen Inklusionsverfechter, die das Sonderschulsystem in Gänze abschaffen wollen, sich dabei auf die UN-Resolution berufen, in der von der Abschaffung eines solchen Systems aber keine Rede sei.

Er spricht sich für einen Mittelweg aus, der sich vielen Ansätzen interdisziplinär bedient und vor allem auch Unterstützung für die Personen vorsieht, die die Umsetzung von Inklusion leisten müssen: die Lehrkräfte.

Fazit: Lesenswerte, kritische Auseinandersetzung mit den aktuellen Diskussionen und Positionen inklusiver Pädagogik.

Weitere Infos: auf der Verlagsseite, Leseprobe als PDF

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  • Dieser Blog beschäftigt sich mit der Förderung legasthener oder lese-rechtschreib-schwacher Englischlerner. Hier sollen Lösungen für LRS-Schüler/innen und deren Trainer/innen und Lehrkräfte vorgestellt und diskutiert werden.