Erfahrungsbericht: Internationale Legasthenie-Konferenz in Baltimore 2012

Vom 24.-27. Oktober 2012 fand in Baltimore (Maryland, USA) die 63. Konferenz des internationalen Legasthenieverbands (IDA) statt. Ich selbst war eingeladen, am letzten Konferenztag einen Vortrag zu halten, nutzte aber die gesamte Woche, um Eindrücke sowohl für meine Forschung als auch Erfahrungen für unsere Arbeit hier in Europa und Deutschland zu sammeln und mich mit anderen Wissenschaftlern auszutauschen.

Die Eindrücke der vielen Sessions, Vorträge und Gespräche kann ich gar nicht einzeln in Worte fassen. Die Arbeit, die die Veranwortlichen der IDA leisten, ist beeindruckend.

Die Gästeliste

Vor allem die hochkarätige wissenschaftliche Besetzung in den Sessions kann gut und gerne als die “crème de la créme” der Legasthenieforschung bezeichnet werden. Ein kurzer Einblick in die Gästeliste (ohne Anspruch auf Vollständigkeit natürlich): Sally und Ben Shaywitz, Donald Shankweiler, Wissenschaftler des NICHD, Louisa Moats, Albert M. Galaburda, Guinevere F. Eden, Daniel Ansari, Elke Schneider und und und … Die Liste könnte noch ständig erweitert werden. Kurzum: Es war eine sehr gelungene Veranstaltung und an dieser Stelle nochmal ein großes Lob an die Organisatoren.

Schnittstelle Wissenschaft – Förderung

Inhaltlich zeigte sich gerade bei der Diskussion um die Verknüpfung von Forschung und der praktischen Umsetzung dieselbe Problematik, die wir teilweise auch in Europa haben: Oft fehlen hier die Schlüsselstellen bzw. es wird zu wenig Forschung auf pädagogischer Ebene betrieben, um Fördermaßnahmen auf neuesten Erkenntnissen von Genetik und Neurobiologie aufzubauen. Die IDA will in dieser Hinsicht weiter für eine Verknüpfung und interdisziplinäre Zusammenarbeit werben.

Singapur als Vorbild für Deutschland?

Ein weiterer Punkt, der in vielen Vorträgen angesprochen wurde und auch für uns Relevanz hat, war die Lehreraus- und fortbildung im Bereich Legasthenie/LRS. Es mag uns hierzulande beruhigen, dass auch in den Vereinigten Staaten Grundlagen von Lernschwierigkeiten kein Pflichtfach in der Lehrerausbildung und entsprechend defizitär sind. Trotzdem ergeben sich daraus für die Förderung in den Schulen natürlich arge Probleme. Es wurde daher öfters wiederholt, dass unbedingt mehr in der Lehrer- und Erzieherausbildung getan werden muss, um Kindern frühstmöglich diagnostizieren zu können. Selbst wenn die Schulen (noch) nicht gezielte Förderung anbieten können, sollte zumindest für die Diagnostik und die Sensibilisierung der Lehrkräfte für mögliche Probleme beim Schriftspracherwerb geworben werden.

Das krasse Gegenbeispiel: In einem Gespräch mit einem Verantwortlichen des Legasthenieverbands in Singapur bestätigte mir dieser, dass es mittlerweile in ihrem Land Standard sei, dass jede Schule mindestens einen Legasthenietherapeuten in Festanstellung hätte. Wann bekommen wir das, liebe Bildungspolitiker?

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  • Dieser Blog beschäftigt sich mit der Förderung legasthener oder lese-rechtschreib-schwacher Englischlerner. Hier sollen Lösungen für LRS-Schüler/innen und deren Trainer/innen und Lehrkräfte vorgestellt und diskutiert werden.